Höllmüller, Eduard Philipp: Seelenwege. Verheißung einer Vatersprache

Roman

 

„Vaters Sprache war karg, sie liess den Dingen Raum und belebte sie. „D Sunne zieht Wasser“, war sein ritueller Kommentar beim Anzug eines Gewitters, wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolken pfeilten. Manche Worte behielten sein Timbre, sein Auftreten, das Pathos seiner Bewunderung oder Verachtung. Hitler war der Satan selbst; die mit Laub und Blumen geschmückten Wagen am 1. Mai-Umzug machten mehr als Musik: sie schufen Hoffnung. (...) So hatte er die Scherben seiner Vaterbeziehung einsam zusammengetragen und beharrlich miteinander verbunden, bis ihn der längst Abhandengekommene, von den Seinen mehr Geächtete als Geachtete, in seinem Ruhestand besuchen kam und Neugier erweckte.“


Die Suche eines Sohnes nach seinem vermissten Vater ... aus der Sprachlosigkeit zur Verheissung der Vatersprache. Das faszinierende Abenteuer auf Wegen und Irrwegen der Seele.
Ein Vademecum der Resilienz.

 

zu Eduard Höllmüller

 

IL-Verlag, Basel, 2019

Softcover mit Klappen, 170 Seiten, aus dem Französischen neu geschrieben

ISBN: 978-3-907237-02-1

 

 

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Rezension von Lukas Ott, Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt, BZ-Basel, 1.11.2019:

 

Der frühere Liestaler Französischlehrer Eduard Höllmüller hat einen autobiografischen Roman verfasst.

 

Es gibt ein Schlüsselwort, das die Schülerinnen und Schüler am Gymnasium Liestal aus dem Unterricht ihres Französischlehrers Eduard Höllmüller mit auf den Weg bekommen haben – «l’état d’âme», der Seelenzustand. Im «unerschöpflichen Wonnegarten der französischen Literatur» fanden sich stets die passenden Verse, um dem jeweiligen Seelenzustand Ausdruck zu verleihen. Zum Beispiel durch die Worte von Paul Verlaine für die Melancholie im Herbst: «Les sanglots longs des violons de l’automne blessent mon coeur d’une langueur monotone.»

Die Verse von damals wirken bei vielen der Ehemaligen bis heute nach – als eine Art väterliche Gabe, die je nach Zustand und Bedarf noch nach Jahrzehnten mobilisiert werden kann.

 

 Annäherung in der Sprache seines Vaters

 

Nun legt Eduard Höllmüller einen autobiografischen Roman vor, der den Wegen und Irrwegen seiner Seele nachspürt. Das Schlüsselwort wird in einem berührenden und überaus lesenswerten Text zum Leitthema, in dem sich die Lebenstatsachen spiegeln. Die Seele also – dieses «Geheimnis auf Erden, Passwort und Tarnmantel zugleich, Kompass und Richterskala».

 Das Buch des frankofonen Autors – und dies ist eine grosse Überraschung – ist auf Deutsch verfasst, in der Sprache seines Vaters. Und dies mit grösster Freude, wie Eduard Höllmüller betont. «Verheissung einer Vatersprache» heisst die Unterzeile des Romantitels. Wie ist es dazu gekommen? Welche Geschichte erzählt uns dieser sehr persönliche Text über eine Vaterbeziehung, deren Scherben hier zusammengetragen und miteinander verbunden werden, bis der Abhandengekommene in der Sprache wieder gegenwärtig wird?

 

Ausbruch aus dem katholischen Milieu

 In Winterthur aufwachsend, wird der noch junge Edi nach der Scheidung seiner Eltern mit seinem jüngeren Bruder von der überforderten Mutter der unnachgiebigen Grossmutter überlassen. «Unterstand di»: Das Leben im engen, bigotten katholischen Milieu erlebt er als drastische Vereinnahmung, Schikane und Missbrauch – eng an der Leine geführt, fortan dem Motto des «Wie es sich gehört» verpflichtet. Unnötig zu betonen, dass gegen jegliche Art erotischer Äusserungen ständig eine rigide Kampagne läuft.

 

Verstärkt durch den Suizid seines ausgegrenzten und überforderten Vaters, bietet sich das Angebot seiner Tante, zu ihr und ihrem Mann nach La-Chaux-de-Fonds zu ziehen, als willkommene Gelegenheit an, der Engnis zu entkommen. Anderes Heim, anderes Klima, andere Sprache: Nach und nach verblasst die Erinnerung an das Prekäre, speziell an den Vater, ohne das Geschehene verarbeiten zu können. Der tragische Verlust des Vaters bleibt durch die aufgestaute Trauer eine schwelende Wunde. Brüche bleiben Brüche, und Jahre später nimmt sich auch Edis Bruder das Leben.

 

Versöhnung trotz bleibender Schmerzen

 

Mit diesem autobiografischen Roman macht sich Eduard Höllmüller – stellvertretend auch für den verlorenen Bruder – auf die Suche nach den Spuren seines Vaters, um im Zurückdenken das Glück wiederzufinden, «ihn in seiner Jugend als Lehrmeister gehabt zu haben». Dies geschieht nicht auf Französisch, das er auf diesem Weg als Tarnsprache empfindet, als «Anästhesie gegen schmerzvolle Erinnerungen», sondern in der Sprache seines Vaters. Diese Sprache liefert ihm wundervolle Sätze – Überlebensnahrung gegen die erlebte Indoktrination: «Und dänn isch de Zwingli choo und isch abgfaare mit all dem Firlifanz.»

 

Es sind Seelenwinke seines Vaters – als lexikalisches Zeugnis einer Lebensgemeinschaft, die zwar (zu) früh aufgehört hat zu sein, aber in der Seele weiterlebt und im Bewusstwerden und Verdauen die Kraft der Versöhnung in sich trägt.

* Der Autor ist Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt und war Französischschüler von Eduard Höllmüller am Gymnasium Liestal zwischen 1983 und 1986.

 

BAZ 4.11.19 Seite 21

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